Johannes Althusius

Eine kurze Biographie

von Carl-Heinz Dirks

Das Emder "Gymnasium für Jungen" (GfJ) erhielt 1972 den Namen "Johannes-Althusius-Gymnasium" (JAG) nach dem weltberühmten und zugleich unbekannten Emder Stadtsyndikus, Juristen und Politikwissenschaftler Johannes Althusius aus Diedenshausen (Grafschaft Wittgenstein), damals in der Nähe von Berleburg, heute zur Stadt gehörend. Auch dort gibt es ein JAG.

Die private Seite des Johannes Althusius bleibt bis heute unscharf. So ist sein Geburtsort bekannt, sein Geburtsjahr weniger. 1563, nimmt man an. Sein Vater ist wohl der Müller Hans Althaus. Bemerkenswert ist, dass ein Bruder des Johannes Althusius, ein Theologe, gleichfalls Johannes Althusius hieß. Ein ungelöstes Rätsel.

Der Graf von Wittgenstein zählte zu den bedeutenden calvinistischen Fürsten des Heiligen Römischen Reiches. Da die calvinistische Konfession (evangelisch-reformiert heißt das heute in Ostfriesland) erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 als gleichberechtigt anerkannt wurde, war Althusius schon früh mit den konfessionellen Problemen der Zeit vertraut.

Nach seiner Schulzeit in Berleburg besuchte er seit 1577 mit einem Stipendium seines Landesherrn die Universität Marburg. Ab 1581 studierte er dann in Köln und beendete sein Jurastudium 1586 in Basel mit seiner Dissertation. Dort erschien im gleichen Jahr sein erstes Buch zum römischen Recht.

Nach kurzem Aufenthalt in Genf, der Wirkungsstätte Calvins, wurde Johannes Althusius noch 1586 Professor an der Hohen Schule in Herborn. Diese Schule war gegründet worden von einem Bruder Wilhelms von Oranien.

Vier Jahre lehrte Althusius dann an der Hohen Schule in Burgsteinfurt, von 1592 bis 1604 war er dann wieder in seiner Heimat tätig, an der nassauischen Hohen Schule in Herborn und Siegen. In Herborn erschien 1603 die berühmte Schrift "Politica methodice digesta".

In der damaligen Zeit musste im Prinzip alles von der Bibel her begründet werden. Während Luther nun vor allem aus dem Brief des Paulus an die Römer ableitet: "Seid untertan der Obrigkeit, denn jede Obrigkeit ist von Gott.", entwickelt Althusius die Idee des Vertragsgedankens als Grundlage des Staates. Anhand von Präzedenzfällen in der Bibel stellt er die Souveränität des Volkes als höchstes Prinzip fest, in einem System von der Familie bis zum Staat sind die Herrschenden an das Recht gebunden, und bei Verletzung des Rechtes ist Widerstand erlaubt und sogar geboten. (WARNUNG: Johannes Althusius war kein Demokrat im Sinne des Grundgesetzes, auch wenn es in diesem knappen Abriss so aussehen könnte!)

Zusammen mit der "Politica" veröffentlichte er eine Schrift "Vom Nutzen und Alter der Schule", in der er den Wert von Bildung betont und den Zustand der Schulen beklagt(!). Während die "Politica" bis heute nur teilweise ins Deutsche übersetzt ist, hat Erich van Reeken, ehemals Lateinlehrer am JAG, die Schrift über die Schule ins Deutsche übertragen.

Warum kam Althusius nach Emden?

In der Emder Revolution 1595 hatte Emden den Grafen aus der Stadt vertrieben, und mit Hilfe der benachbarten Niederlande einen Status als quasi-autonome Stadtrepublik erworben. Jetzt brauchte man eine theoretische Untermauerung, einen Nachweis, dass man im Recht sei.

Menso Alting war einer der Führer der Emder Revolution. Sein Sohn studierte in Herborn, und über diesen lief die Verbindung zu Althusius. Sicherlich war für Johannes Althusius auch der finanzielle Aspekt interessant, aber mehr noch reizte ihn sicherlich, im Stadtstaat Emden seine theoretischen Erwägungen in die Praxis umsetzen zu können. So kam er 1604 nach Emden und wirkte hier 34 Jahre lang, bis zu seinem Tode1638, als Stadtsyndikus, beteiligt an allen wichtigen politischen Entscheidungen der Stadt.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg setzte sich in Europa der Absolutismus durch. Die Ideen des Johannes Althusius vom Widerstandsrecht des Volkes passten da nicht so gut. Besonders scharf wurde Althusius vom Helmstedter Professor Hermann Conring kritisiert, geboren in Norden, ein Universalgelehrter und (außerhalb Ostfrieslands!) ein berühmter Mann.

Während Althusius also seit 1650 im deutschen Raum keine besondere Rolle spielte, war seine Wirkung in den Niederlanden und im angelsächsischen Raum groß. Bis heute gehört Althusius zu den Standardautoren in Harvard und Yale im Rahmen des Studiums der Geschichte, Politik und Rechtswissenschaften. (Verständlich, da die Amerikaner natürlich auch eine theoretische Untermauerung ihrer Loslösung vom Königreich benötigt hatten.) Ende des 19. Jahrhunderts wird Johannes Althusius in Deutschland wiederentdeckt, aber eigentlich erst nach dem 2. Weltkrieg wahrgenommen.

Harm Wiemann weist im ersten Emder Jahrbuch nach dem Kriege auf die Bedeutung des Widerstandsrechtes hin, und 1954 verfasst Heinz Werner Antholz eine Dissertation mit dem Thema: "Die politische Wirksamkeit des Johannes Althusius in Emden".

Heute wird besonders an den Universitäten Münster und Vechta zu Althusius geforscht. Und im Rahmen des JAG hat der jetzt pensionierte Geschichtslehrer Dr. Georg Gebhardt eine (unveröffentlichte) Schrift verfasst mit dem Titel "Wer war Johannes Althusius?", und Carl-Heinz Dirks veröffentlichte im von Reinhard Claudi anlässlich des Jubiläums der Emder Revolution 1995 herausgegebenen Buch "Stadtgeschichten" sein "Interview mit Johannes Althusius".