300 Schüler liefern sich hitzige Gefechte (ON 26.02.2000)

14. Schulschachmeisterschaft: Mädchen der OS Aurich-Mitte und GS Upstalsboom gewinnen Titel

Johann-Kuno Sleuwen ging für die II. Mannschaft der GS Upstalsboom ans Brett.
Foto: Saathoff

Von Wolf-Rüdiger Saathoff

Emden. Umgeben von brühwarmer. stickiger Luft sitzen sich in der Nordseehalle an unzähligen Tischen Kinder und Jugendliche gegenüber. Sie zappeln auf ihren Stühlen, kauen auf ihren Fingernägeln und blicken in Gedanken versunken auf das 64-feldrige Brett. Die Schüler lassen Bauern marschieren und Pferde über die feindlichen Linien hüpfen. Flinke Läufer und schwergewichtige Türme brechen in die gegnerische Stellung ein, dirigiert von der Dame. Gespannt wird die Antwort des Gegners erwartet. Figuren fliegen vom Brett. Schachgebote aller Orten bedrohen den König. Immer wieder ist „Schachmatt“ zu hören. Schulschach steht auf dem Programm.

Bereits zum 14. Mal versammeln sich in Emden rund 300 Schüler und eine Vielzahl von Betreuern, um in Altersklassen ostfriesische Schulschachmeister zu küren. Turnierleiter Bernd Döring vom Emder Johannes-Althusius-Gymnasium berichtet von einem „großen Rückgang der Teilnehmerzahlen bei den Hauptschulen, die überhaupt nicht mehr vertreten sind“. Bei den Mädchenteams schrumpfte das Teilnehmerfeld um knapp 50 Prozent zusammen.

Döring lobt die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Emden, die die Nordseehalle für dieses Mammutturnier gut herrichtete. Während er und seine vielen Helfer den Computer pausenlos mit neuen Resultaten füttern, liefern sich die Schüler hitzige Gefechte. Die Grundschule Upstalsboom ist mit zwei Abordnungen auf dem Parkett vertreten. Bereits in der ersten Runde kommt es zum direkten Vergleich.

Die erste Garnitur kennt gegen ihre Mitschüler aus der zweiten Mannschaft keine Gnade und gewinnt 4:0. Dies war für Ferdinand Genske, Dennis Duffner, Isabell Lerbs und Helle Habenicht der Auftakt zu einer Erfolgsserie, die nicht mehr abreißen sollte. Während der fünften Runde blicken die Betreuer Beate Friemann und Johann Jakobs skeptisch auf die Aktionen ihrer Schützlinge. Die Grundschule Norddeich erweist sich als ein harter Brocken. Von vier Partien sind erst zwei entschieden. Es steht 1:1. Helle gewinnt das dritte Match. Jetzt blicken alle gespannt auf die Stellung von Dennis. Der 10-Jährige kaut Kaugummi, schiebt seine weißen Figuren mit ruhiger Hand unspektakulär über das Brett. Der Gegner, eingelullt, wiegt sich in trügerischer Sicherheit. Zu spät erkennt er die heranziehende Gefahr. Plötzlich treibt die weiße Dame den schwarzen König mit einer Welle von Schachgeboten an den Rand. Ihr zu Hilfe eilt der Turm, setzt zum vorletzten Schachgebot an. Der kleine Junge aus Norddeich mit den geröteten Wangen schaut verblüfft auf das Fiasko, wirft seine Königin schützend vor den bedrohten Majestäten. Sinnlos. Der weiße Turm vollendet die Kombination, walzt sie nieder und schickt den König ins Aus. Schach-Matt ...

„Super Dennis, wir führen mit drei Punkten Vorsprung“, jubiliert Helle. Dennis erhebt sich erleichtert von seinem Stuhl. „Ich war wohl ein bißchen nervös, deshalb hat es so lange gedauert“, offenbart er seinen Mitschülern. An den Nachbartischen agieren die älteren Schüler mit Schachuhren. 20 Minuten Bedenkzeit pro Partie sind schnell um. Deshalb wird schnell gezogen und zügig auf den Knopf der Doppeluhr gedrückt, um den Zeitmesser des Gegners in Gang zu setzen. Die Orientierungsstufe Aurich-Mitte ist mit drei Mannschaften dabei. Im Jungenteam spielen mit Lukas Biedermann und Harm-Hannes Weber zwei Kinder Schach, die bereits in Aurich erfolgreich an der Stadtmeisterschaft teilnahmen. Lukas hält sich nicht lange mit seinem Gegner auf. Bereits nach zwei Minuten meldet er seiner Betreuerin Imke Snakker einen Sieg. Zur Belohnung gibt es Traubenzucker. „Unser Dopingmittel“, bemerkt Snakker mit einem Lachen auf den Lippen. Harm-Hannes hat weniger Glück. Sein Esenser Kontrahent lässt ihm keine Chancen und spielt ihn an die Wand. Der Auricher gibt kopfschüttelnd die Partie auf. Den Tränen nahe, wird er erst einmal von seiner Lehrerin getröstet und aufgerichtet.

Das gleichaltrige Mädchenteam der OS Aurich-Mitte ist für die Konkurrenz aus Sandhorst, Krummhörn und Emden ein unüberwindbarer Gegner. Die Fünftklässler Barbara Schunicht, Elske Döring, Esther Manzke und Jannike Hippen gewinnen jeden Wettkampf und werden souverän ostfriesischer Schulschachmeister. „Ein überraschender Erfolg, weil das Team erst seit drei Wochen zusammen spielt“, freut sich Snakker.

Auch die Upstalsboomer Kinder spielen mit ihren Gegnern Katz und Maus. „Meistens geht es sehr schnell“, verrät Helle. Häufig werden ihre Kontrahenten mit dem Schäfermatt überlistet. Am Ende verbucht Upstalsboom I sieben Tagessiege. Von 28 Partien geht nur eine verloren. Die zweite Mannschaft bringt es immerhin mit fünf Erfolgen und einem Remis auf den zweiten Platz. „Ein glänzendes Ergebnis“, gesteht Friemann, „das in erster Linie auf das Konto von Johann Jakobs geht, derdie Kinder trainiert.“

Nach sechs Stunden Schulschach fahren die Kinder erschöpft nach Hause. Bereits am 14. März steht das Weser-Ems-Finale für die Schüler der OS Aurich-Mitte und Upstalsboom in Rastede auf dem Programm. Dann dürfte das Schäfermatt nicht mehr ausreichen, um die starke Konkurrenz zu besiegen.

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