Montag, 25. Februar 2002

"Fragen Sie ruhig, die Schüler haben ganz viel Geduld"
Jugendliche des Johannes-Althusius-Gymnasiums weisen Eltern in die Geheimnisse des Internets ein.
von MIRJA EGGEN
"Mein Sohn ist vierzehn, und der kann das. Ich kann das nicht, und das ärgert mich." Das wollte Eleonore Juretschke (50) ändern und hat deshalb am Sonnabend im Johannes-Althusius-Gymnasium (JAG) - zusammen mit etwa 40 anderen Eltern, denen es ähnlich ergeht - noch einmal die Schulbank gedrückt, um sich von Schülern in die Geheimnisse des Internets einweihen zu lassen.
Die JAG-Lehrer Ulrike Mensching (38) und Ulrich Lüpken (52) vom dortigen Förderverein haben die Internet-Schulung gemeinsam mit etwa 20 Schülern aus den Klassen acht bis 13 organisiert. An insgesamt drei Vormittagen stehen die Schüler den lernwilligen Eltern, die jetzt selbst in die Rolle von Schülern schlüpfen, zum Thema Internet Rede und Antwort. Dabei ermutigte Ulrike Mensching die Eltern schon zu Beginn, den Schülern alle Fragen zu stellen, auf die sie schon immer einmal eine Antwort wissen wollten: "Fragen sie ruhig. Sie werden sehen, die Schüler haben ganz viel Geduld..."
So zeigten die Jugendlichen den Erwachsenen, welche technischen Geräte man benötigt, um das Internet überhaupt nutzen zu können und wie man ins Internet hinein kommt. Sie erklärten außerdem, dass man das "X" zum Zumachen einer Internet-Seite braucht, wozu es Passwörter gibt und wie viel es eigentlich kostet, wenn man im Internet surft. Und die Eltern machten die Übungen konzentriert mit und befolgten die Ratschläge der Experten. "Wenn die Kinder das können, muss man doch schließlich in der Lage sein, mitreden zu können", sagte Jan Janßen (47), Vater einer zwölfjährigen Tochter. Und auch sein Nebenmann, Gerd Gornitzka (66), stimmte dieser Ansicht zu: "Überall wird auf ,weitere Informationen im Internet" hingewiesen. Man kommt ja gar nicht mehr darum herum."
Die Idee, den Eltern in puncto Internet ein wenig auf die Sprünge zu helfen, kam der Englisch- und Französisch-Lehrerin Ulrike Mensching zu Hause: "Ich habe an mir selber festgestellt, dass der Bedarf besteht, mehr über das Internet und dessen Möglichkeiten zu erfahren." Denn wenn sie selbst Fragen zum Internet hat, bittet sie zu Hause ihren 17-jährigen Sohn Malte um Hilfe. So ähnlich war es dann auch am Sonnabend Vormittag: Jeweils zwei oder drei Erwachsene saßen vor den insgesamt 17 Bildschirmen und ließen sich von den Jugendlichen beraten.
Zu diesen zehn Schülern, die den Eltern am Sonnabend das Internet näher brachten, gehört auch der 14-jährige Stefan Luckner: "Zu Hause muss ich meiner Mutter auch immer helfen, wenn es um den Computer geht. Und jetzt helfe ich eben auch anderen Eltern. Die meisten haben sich ganz gut dabei angestellt." Und begriffsstutzig sei bislang auch noch keiner gewesen. Zwar gelang den Teilnehmern nicht gleich alles - die Suche nach einer iranischen Tageszeitung im Netz gestaltete sich doch etwas schwieriger als erwartet -, aber "bei den meisten klappt das doch besser, als wir uns das vorgestellt haben", sagte Malte Mensching, der ebenfalls zum Schülerteam gehörte.
Die Probleme der Eltern im Umgang mit dem Computer waren in den meisten Fällen schnell behoben. Auch wenn es an einigen Stellen doch zu Verständigungsschwierigkeiten zwischen Mensch und Technik kam: So schaute zum Beispiel einer der Teilnehmer wie gebannt auf seinen Bildschirm und wartete darauf, dass etwas passiert. Als der Computer jedoch stur blieb und sich auf dem Bildschirm nichts regte, griff Abiturient Thorsten Kiehl (17), der auch Vorsitzender des Stadtschülerrates ist, helfend ein: "Sie müssen jetzt hier erst mal etwas eingeben." "Ach so, der Computer wartet jetzt auf mich", erkennt der Internet-Neuling. Ja, allerdings sei das sonst meistens umgekehrt, so Thorsten Kiehl.
Auch Malte Mensching ist mit dem bisherigen Verlauf der Schulung zufrieden: "Das Internet hat bei den meisten Eltern keinen guten Ruf. Auf diese Weise können wir ihnen das Internet selbst näher bringen. Ich finde es gut, dass sich die Eltern jetzt damit auseinander setzen." Seine Mutter hat hingegen schon wieder neue Pläne: "Vielleicht könnte man so eine Schulung auch mal extra für Mädchen anbieten. Und hinterher vielleicht noch eine Netzwerkparty veranstalten..."