Mathe,
Physik, Chemie - das sind nicht gerade die
beliebtesten Fächer an der Schule. Und bei der
Berufswahl schenken Jugendliche dem
naturwissenschaftlichen Bereich eher geringe
Beachtung. Sehr zum Verdruss der Wirtschaft, die
ständig auf der Suche nach gut ausgebildeten
Ingenieuren ist. Um diesem Missstand entgegen zu
wirken, hatte die alte SPD-Landesregierung das so
genannte "Formel-X-Projekt" auf den Weg
gebracht: eine Kooperation zwischen Schule und
Unternehmen zur "Förderung des
mathematisch-naturwissenschaftlichen
Unterrichts". In Emden hatte sich das
Johannes-Althusius-Gymnasium (JAG) beworben (wir
berichteten). Gestern wurde die zweite Runde des
Projektes im Rahmen einer Präsentation im Neuen
Theater abgeschlossen. Ob es eine dritte Runde
geben wird, wie vorgesehen war, ist noch fraglich.
Noch erfolgreicher
"Das Formel-X-Projekt 2004 war noch
erfolgreicher als im ersten Jahr", betonte
JAG-Schulleiter Hans-Werner Ohm
vor zahlreichen Schülern, Lehrern, Vertretern des
Emder Volkswagen-Werkes und der Fachhochschule. 38
Zwölftklässler der Leistungskurse Chemie und
Physik hatten bei VW und in der Fachhochschule
geforscht. An sechs Vormittagen waren sie in die
Labore gegangen und haben an Einzelprojekten
gearbeitet. Dabei ging es unter anderem um Lacke,
Maschinen, Messungen und Mischungen. Wie in der
Arbeitswelt auch. Im Vorjahr waren es acht Schüler
weniger, die sich für die Leistungskurse
entschieden hatten.
Und noch eines ist bemerkenswert: Während 2003 in
den Fächern Physik und Chemie nur vier Mädchen
vertreten waren, sind es nun 18. "Das Projekt
ist ein Motivationsschub für die Fächer",
betonte Ohm. Schließlich würde so der Unterricht
aus der Schule herausgeholt. "Die Frage ,Wozu
braucht man das eigentlich?" erledigt sich da
von selbst." Aus der ersten Runde resultierte
sogar ein dritter Platz beim Landeswettbewerb
"Jugend forscht". Markus Jungbauer
und Axel Petzoldt hatten sich mit der
kathodischen Tauchlackierung beschäftigt und den
Preis errungen. Beide wollen später Chemie
studieren.
Mittel gestrichen
Dennoch gibt es einen Wehrmutstropfen: Vor drei
Tagen erhielt die Schule die Mitteilung der
Bezirksregierung Weser-Ems, dass das Projekt nicht
weiter unterstützt wird. Die neue Landesregierung
habe die Mittel gestrichen. "Wir basteln an
einer Lösung und sind zuversichtlich, auch die
dritte Runde absolvieren zu können", sagte
Ohm. Die beiden Leistungskurs-Lehrer hatten
bislang je drei Unterrichtsstunden zusätzlich in
der Woche zur Verfügung. Eine Alternative wäre,
den Mehraufwand über eine Arbeitsgruppe
aufzufangen, die an anderer Stelle an der Schule
eingespart werden müsste, erklärte Ohm.
Unterstützung sagte auch der Personalchef des
Emder VW-Werks, Dr Reinhard Pentzek, zu:
"Wir wollen das Projekt fortsetzen und
sollten schnell eine Alternativ-Lösung in Angriff
nehmen." Es sei VW "sehr daran
gelegen", dass junge Menschen früh mit der
Praxis in Berührung kommen. So könne man
"hungrig machen" für den
naturwissenschaftlich Zweig, betonte auch
VW-Fertigungsleiter Dieter van Hoorn.
Pentzek: "Wir sind als Exportland auf
Ingenieurswissen angewiesen und können uns nicht
auf den Dienstleistungssektor verlassen." Wer
sich für einen technischen Beruf entscheide, könne
gar nichts falsch machen. "Die dritte Runde
sind wir den jungen Menschen und dem Standort
schuldig."
Die Synthese von Nylon: das war das Thema der
Leistungskurs-Arbeit von Frauke Diskus und Dirk
Renken. Sechs Vormittage forschten sie im
VW-Labor.
Werben für die Technik: VW-Fertigungsleiter
Dieter van Hoorn und VW-Personalchef Dr. Reinhard
Pentzek wollen mehr Jugendliche für die
Naturwissenschaft interessieren.
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