Finde das Geheimnis der Materie - Praktikum am DESY in Hamburg

Berichte aus dem Schulleben DESY Umweltschule Stipendiatenprogramm

Vom 10. bis 21. April 2017 absolvierten zwei Schülerinnen des JAG Emden ein Praktikum beim DESY (deutsches Elektronen Synchrotron) in Hamburg. Das Praktikum ist Teil des Stipendiatenprogrammes, welches im Rahmen der Emder Forschungstage gefördert wird.

Mareike Köhler und Antonia Gnielka (beide Klasse 11 des JAG) bekamen in den Osterferien einen Einblick in die Arbeit eines Wissenschaftlers, welcher an der Röntgenstrahlungsquelle PETRA III arbeitet. Das DESY ist eines der weltweit führenden Beschleunigerzentren für die Forschung an Materieteilchen und bietet jährlich über 3000 Gastforschern aus aller Welt die Möglichkeit unterschiedlichste Forschungen durchzuführen. Die Schülerinnen arbeiteten an unterschiedlichen Messplätzen der PETRA III-Anlage. Sie ist eine der größten Speicherring-Röntgenstrahlungsquellen der Welt. Die Messplätze an PETRA III wurden aufgrund der hohen Nachfrage externer Nutzer noch erweitert, sodass es zusätzliche Messstrecken in den beiden neuen Experimentierhallen, der ‚Paul P. Ewald Halle‘ im Norden und der ‚Ada Yonath Halle‘ im Osten, gibt.

PETRA III-Experimentierhalle ‚Paul P. Ewald‘ im Norden: Mareike Köhler berichtet:

Die Nordhalle ist noch sehr neu, deshalb sind dort erst zwei Messplätze im Betrieb. Einige weitere werden in der nächsten Zeit noch aufgebaut und eingerichtet. An dem Messplatz in Halle Nord wurde mit der Methode der Röntgen-Absorptionsspektroskopie gearbeitet. Mit dieser Methode ist es den Wissenschaftlern möglich, die Struktur einzelner Moleküle zu erkennen. Außerdem kann man die Anzahl der Nachbaratome zu einem Atom bestimmen. In den ersten Tagen des Praktikums hat Mareike die Stabilität des Röntgenstrahls, welcher in der Experimentierhütte ankommt, untersucht. Dieser darf nicht wackeln, da die Messergebnisse sonst schlechter werden oder ein Messen sogar unmöglich wird. Hierbei ist zu beachten, dass der Durchmesser des Röntgenstahls sehr klein ist und man somit in sehr kleinen Einheiten arbeitet. Dies hat zur Folge, dass kleinste Bewegungen gravierende Folgen haben. Anschließend haben wir metallisches Glas untersucht. Metallische Gläser bestehen aus verschieden Metallen, welche in flüssigem Zustand abgeschreckt werden, sodass die Atome ungeordnet sind und man nicht direkt berechnen kann, welches die nächsten Atome sind, sondern man diese messen muss. Mit Hilfe eines Rechenprogramms kann man dann die Ergebnisse ablesen und feststellen, welche Metalle in dem metallischen Glas enthalten sind. Mit dieser Methode kann man Proben untersuchen und ihre Zusammensetzung ermitteln. Einmal in der Woche gibt es einen „schwarzen Tag“, den Mittwoch, an dem der Beschleuniger gewartet wird und somit auch kein Röntgenlicht in die Experimentierhalle kommt. An diesem Tag wird meist die Büroarbeit erledigt und es werden Teile bestellt, welche für das Experiment benötigt werden. Außerdem haben an diesem Tag die Ingenieure Zeit, um ihre entwickelten Teile in der Experimentierhütte anzubringen oder anzupassen. Des Weiteren finden an diesem Tag viele Vorträge für die Wissenschaftler statt, in denen sich diese weiterbilden können oder in denen sich die Wissenschaftler untereinander von ihren Forschungsergebnissen berichten. Am DESY herrscht ein reger Austausch zwischen den einzelnen Forschungsgruppen, wodurch alle auf dem gleichen Stand sind. Es kommt einem wie in einer großen Familie vor. Am letzten Tag des Praktikums wurde dann noch Eis mit flüssigem Stickstoff gemacht, um experimentell den Unterschied zwischen amorphen (Speiseeis) und kristallinen (Eiswürfel) Phasen zu erfassen und zu zeigen, dass die gleichen Substanzen bei gleicher Temperatur unterschiedliche Eigenschaften haben können, wenn man sie unterschiedlich behandelt. Damit klang der letzte Tag in der Gruppe aus. Die zwei Wochen gingen sehr schnell um und nun kann man auf eine sehr schöne und lehrreiche Zeit zurückblicken, für die wir sehr dankbar sind.

PETRA III-Experimentierhalle ‚Ada Yonath‘ im Osten: Antonia Gnielka berichtet:

Mein Praktikumsplatz befand sich in der Osthalle von PETRA III. In dieser Halle befinden sich insgesamt sechs zusätzliche neue Messplätze zur Forschung an Lichtstrahlen aus der Speicherring-Röntgenstrahlungsquelle PETRA III. Während meines Praktikums wurde ich am Messplatz P24, einer fast vollständig aufgebauten Beamline eingesetzt, die sich mit chemischer Kristallographie beschäftigt. Das Röntgenlicht aus PETRA III wird in der Anlage auf ein Probematerial ausgerichtet. Der Röntgenstrahl wird an der Probe gebeugt und es entsteht ein sogenanntes „Beugungsbild“. Durch dieses Verfahren erfasst man sehr genau die Struktur des Probematerials. Ich durfte dort aktiv mitwirken und führte selbständig Messungen durch. In meiner ersten Woche am DESY habe ich einen Überblick über die Arbeiten der Wissenschaftler und Ingenieure bekommen. Für mich war der erste Tag mit den vielen neuen Fachwörtern eine echte Herausforderung. Denn obwohl ich mich auf die Inhalte des Praktikums vorbereitet hatte, kam es mir anfangs so vor, als würde hier eine fremde Sprache gesprochen. Die DESY-Mitarbeiter verwenden in ihren Erklärungen viele Fachwörter und -begriffe völlig selbstverständlich. Meine Fragezeichen lösten sich aber schneller auf, als erwartet, da ich aktiv an den Messreihen teilnehmen und mitarbeiten durfte und meine Fragen parallel dazu immer gerne beantwortet wurden. An dem Wartungstag von PETRA III fand ein internationales englischsprachiges Meeting statt, an welchen ich gemeinsam mit einem Großteil des Teams teilnehmen durfte. Dort wurden Vorträge gehalten und es fand ein reger Informationsaustausch zwischen den Wissenschaftlern aus aller Welt statt. Eine meiner Aufgaben bestand darin, eine Kamera mit starker Vergrößerung auf eine Nadelspitze auszurichten. Die Nadel, auf der später die Probe platziert wird, war an einem Diffraktometer befestigt (siehe Foto 1). Ein Diffraktometer ist ein spezielles Gerät zur Untersuchung der Struktur von Materialien. Bei dieser Messung nutzt man das Beugungsverhalten des Röntgenstrahles. Der Aufbau des Diffraktometers wurde mir später auch mit Hilfe einer 3D-Zeichnung genauer erklärt (siehe Foto 2) In meiner zweiten Woche durfte ich weitgehend selbstständig arbeiten. Ich nahm die Messungen zur Untersuchung der Strahlposition vor. Dabei war wichtig, genau zu messen, da die Ergebnisse nach dem Ende meines Praktikums noch verwendet werden sollten. Die Messdaten konnte ich anschließend in das Rechenprogramm „Mathematika“ eingeben und so die Ergebnisse kontrollieren. Für mich war das Praktikum ganz sicher eine große Hilfe für meine berufliche Orientierung. Ein Praktikum am DESY gibt einen sehr guten Einblick in die Arbeit an einem internationalen Forschungszentrum. Als Praktikanten wurden wir dort sehr schnell und unkompliziert in die Arbeitsgruppen integriert. Alle Mitarbeiter sind hilfsbereit und immer offen für Fragen. Gerade die Teamarbeit wird am DESY besonders geschätzt.

Wir meinen: DESY – Eine tolle und wichtige Erfahrung für jeden, der Interesse an Forschung und Technik hat und sich vorstellen kann vielleicht später mal in diesem Bereich zu arbeiten. Wir fanden, die zwei Wochen dort waren fast zu kurz. Am DESY gibt es viele Forschungsbereiche. Jeder wäre für ein weiteres Praktikum interessant.

Wenn ihr auch Interesse an einem Stipendium, z. B. am DESY habt, dann meldet und bewerbt euch bei Frau Dr. Karen Brüning (karen.bruening(at)@jag-emden.eu). Falls ihr Fragen zu unserem Praktikum am DESY habt, könnt ihr uns auch gerne direkt ansprechen oder uns eine Email schreiben.