Hallo!

Ich bin Amelie El-Kabarity, 17 Jahre alt und gehe in die 11. Klasse. Zur Zeit mache ich mein Betriebspraktikum in dem Architekturbüro MoDus Architects. Wie der Name schon verrät, ist dieses Büro nicht in Deutschland, sondern ich mache mein Praktikum in Norditalien, bzw in Südtirol, in der kleinen Stadt Brixen.

In den nächsten zwei Wochen werde ich euch hier auf der Homepage berichten, was für Erfahrungen ich sammeln durfte, und inwiefern es mich weitergebracht hat, den Einblick in einen ausländischen Betrieb zu bekommen.

In meinen ersten drei Tagen habe ich bereits viele verschiedene Dinge gesehen. Im Büro selbst habe ich eher die „Praktikantenjobs“ bekommen, da das Büro diesen Freitag einen Abgabetermin für einen Wettbewerb hat, und die 10 Mitarbeiter somit sehr viel zu tun haben. Somit habe ich damit angefangen alte Fotos und Dokumente einer Berghütte einzuscannen, welche von MoDus Architects renoviert und erweitert wird. Die Besonderheit ist dabei aber, dass die Hütte genau auf der Grenze zwischen Österreich und Italien liegt, und somit innerhalb der Hütte diese Grenze sichtbar (eventuell dekoriert) sein muss, falls dort etwas passiert. Dadurch weiß man dann also, in welchem Land der Vorfall war.

Am zweiten Tag habe ich die einzelnen Fotos dieser Scans mit PhotoShop ausgeschnitten, umbenannt und abgespeichert. Doch bereits in dieser Zeit habe ich die sprachlichen Schwierigkeiten miterlebt, die so ein Büro haben kann. Da in Südtirol sowohl italienisch, als auch englisch und deutsch gesprochen wird, sind die Klienten auch in allen drei Sprachbereichen vertreten. All die Mitarbeiter sind aber im Moment aus Italien und sprechen kaum deutsch (im Büro italienisch und mit mir englisch), weshalb ich des Öfteren um Hilfe gebeten wurde, wenn es um deutsche Formulierungen ging, oder wenn ich eine Mail an einen deutschen Klienten Probe lesen sollte.

Ein weiteres Projekt, an dem die Mitarbeiter gerade viel arbeiten, ist die Neugestaltung des Verkaufsraumes der berühmtesten Waffelfirma in Südtirol. Hierbei ist die Idee überproportional große, waffelartige Regale zu bauen, die rotieren können. Aus diesen können die Kunden dann Produkte herausnehmen. Auf dem Foto seht ihr ein Modell, dieses Verkaufsraumes.

Ausserhalb des Büros durfte ich aber schon in den ersten Tagen mit auf eine der Baustellen gehen, und zwar die einer Schule!

Die Fotos zeigen (von links nach rechts und oben nach unten) zunächst die zukünftige Frontfassade, welche hauptsächlich aus Glas bestehen wird, um ein helles Lichtgefüge zu erschaffen, im nächsten Bild zwei der Bauarbeiter (rechts und links) und den Hauptbeauftragten dieser Baustelle aus dem Büro in der Mitte, die sich über die akkustische Deckenverkleidung beraten haben. Im dritten Bild giessen zwei Bauarbeiter eine der Wände mit flüssigem Beton aus. Im vierten Bild bin ich, auf der zukünftigen offenen Dachterrasse der Schule und die beiden Inhaber des Architekturbüros haben lange über die in Bild 5 sichtbaren, möglichen Farbkombinationen der Bänke, Wände und Fußböden debattiert.

Ich konnte somit bisher schon einen umfangreichen Blick auf die verschiedenen Projekte und Arbeitsbereiche erlangen, und freue mich auf die weitere Zeit hier!

Im zweiten Teil der Woche konnte ich erneut viele verschiedene Erfahrungen sammeln, da ich zu unterschiedlichen Events und Terminen mitgehen durfte.

Im Büro selbst habe ich weiterhin an den Scans und den Dokumentierungen der Berghütte gearbeitet. Als nächstes habe ich Verträge und Sammelbestellungen von Möbeln Probe gelesen. Hierbei ist nämlich ganz deutlich geworden, wie viel mehr Arbeit es bedeutet, alles in zwei Sprachen zu machen. Auf der einen Seite öffnet die „Dreisprachigkeit“ des Architekturbüros natürlich die Türen nach Deutschland, Österreich, Italien und in die Schweiz, was die Kunden angeht. Aber wenn (wie in meinem Fall) ein Heft angelegt werden muss, in dem jedes kleine Detail der verschiedenen Inneneinrichtungen beschrieben und dokumentiert werden soll, damit der Vertrag hinterher ganz genau abgeschlossen werden kann, muss ein solches Heft eben in Italienisch und deutsch erarbeitet werden. In diesem Fall konnten sie die Chance nutzen eine „deutschsprachige“ Praktikantin zu haben, da ich diese Dokumente dann auf Rechtschreib- oder Verständnisfehler korrigiert habe. (Bild 1) Danach wurde mir einmal der Arbeitsauftrag aller anderen Mitarbeiter gezeigt, die alle an einem Projekt arbeiten (dem Verkaufsraum der Waffelfirma aus meinem letzten Bericht), aber in unterschiedlichen „Ebenen“ einfach ausgedrückt. Doch auch innerhalb dieser architektonischen digitalen Zeichnungen muss alles auf deutsch und italienisch sein, weshalb ich auch dort häufig nach Formulierungen gefragt werde. Für ein Klienten Meeting, auf das ich gleich noch zu sprechen komme, habe ich dann auch noch die ausgedruckten Pläne gelernt zu falten, sodass man sie dann präsentieren kann (Bild 2).

Mit diesen Plänen haben wir dann an einem Nachmittag die Klienten besucht. Dort hat die Inhaberin des Architekturbüros zunächst eine Präsentation gehalten, inwiefern sie sich die nächsten Schritte überlegt haben. (Bild 3) Bei diesem Projekt geht es um eine Metallfirma, die den Bereich der Büros ihrer Mitarbeiter und deren Speisesaal erneuern und zusätzlich eine komplett neue Fassade für das Gebäude errichten wollen. Da es eben eine Metallfirma ist, besteht der Großteil dieser Fassade aus Metallplatten, die dann eine optische Illusion darstellen. (Modell auf Bild 4) Wir sind dann mit den Klienten durch das Haus gegangen, haben noch einige Höhen vermessen und uns das Projekt also nochmal in echt angeschaut, wo was am Ende zu sein hat und ob das so im Interesse des Klienten ist.

Ebenfalls durfte ich mitkommen zu einer Stadtführung. Das klingt erstmal nicht nach der Arbeit eines Architekten, aber die Inhaberin hat als Teil der Stadtführung der Reisegruppe eines ihrer fertigen Projekte gezeigt, da Architektur ein berühmter Teil Südtirols ist und viele deshalb hierher kommen. (Bilder 5+6) Genau deshalb gefällt mir das Praktikum bisher auch sehr gut, da ich Teile des Berufs kennenlerne, bei denen ich vorher nicht damit gerechnet hätte, dass sie dazu gehören.

Zurück im Büro habe ich dann eines der neuen Bücherregale eingeräumt, und Skizzen zu einem bereits fertigen Projekt eingescannt, da sie immer alle behalten, als Referenz für andere Projekte, oder um hinterher nachvollziehen zu können, woher eine Idee ursprünglich kam.

Damit ist die erste Woche meines Praktikums bereits vorbei und ich bin gespannt, ob die nächste Woche ähnlich wird, oder nochmal neue Eindrücke und Aufgaben hinzukommen!

Auch in dieser Woche durfte ich zusätzlich zu den Aufgaben im Büro zu verschiedenen Meetings mitgehen. Da ich im Büro weiterhin Aufgaben bekomme, wie scannen, archivieren und übersetzen, sind gerade diese Teile des Praktikums die Bereiche, in denen ich viel lernen und mitnehmen kann.

Besonders spannend war ein Meeting zu der Berghütte, die ich im ersten Teil erwähnt habe. (Hierbei konnte ich leider keine Fotos machen) Dafür hat sich der Inhaber des Architekturbüros mit Bauingenieuren getroffen. Außerdem waren die Weg- und Umweltbeauftragten des deutschen und österreichischen Alpenvereins, sowie die derzeitigen Pächter der Hütte anwesend. Gemeinsam wurde viel über die Umsetzung einiger technischen und hygienischen Probleme diskutiert. Es darf nämlich keine Toilette mehr mit Wasserspülung auf den Berghütten verwendet werden, da dies zu viel Wasser benötigt und es somit nicht nachhaltig ist. Daher wurde über die Alternative von Trockentoiletten gesprochen, und um dessen Umsetzung, da ein Unterdruck geschaffen werden muss und alle Toiletten somit an einem Ort sein müssen, was für so eine große Hütte eine Herausforderung darstellt. Außerdem wurden verschiedene Kochmöglichkeiten (Gas- und Holzherde) diskutiert, was man mit der „Abwärme“ macht (z.B. eine Fußbodenheizung im Wärmeraum) und und und.. Klar ist dabei vor allem geworden, dass die Nachhaltigkeitsbestimmungen eine große Herausforderung darstellen, zum einen für das Planen, als auch finanziell und zeitlich. Außerdem kann z.B. der Hubschrauber, der Essen und Materialien auf die Hütte liefert und auch das Holz zum Heizen, nur auf einer Seite des Hüttenbereichs landen, da der Rest unter Naturschutz steht. Frostschutzmittel, um die Heizkörper etc. für einen winterbetrieb nutzbar machen sollen, sind ebenfalls zu umweltschädlich, es müssen also neue Ideen her. All das muss außerdem, da die Hütte eben genau auf der Grenze von Österreich und Italien liegt, sowohl mit den österreichischen, als auch mit den italienischen Vorgaben übereinstimmen und vertraglich vereinbart werden.

Hierbei habe ich erneut gemerkt, dass Architektur nicht nur panen ist, sondern ein großer Teil die Absprache mit Klienten, Firmen und Kunden ist, die nämlich alle ihre Meinungen, Wünsche, Preise und Fristtermine genauso durchbekommen und einhalten wollen, wie die Architekten.

Bei diesem Meeting habe ich das Protokoll geschrieben, was zum einen bedeutet hat, dass ich währenddessen mitgeschrieben habe, wer was gesagt hat. Zum anderen habe ich dann am Tag danach diese Notizen in ein formales Dokument umgeschrieben und nach Themen und Mitgliedern des Treffen sortiert, sodass ein guter Überblick entstehen kann!

In den letzten Tagen meines Praktikums durfte ich nochmal einen spannenden Tag miterleben.

Wir sind zu einer deren größten Projekte gefahren, und zwar der Waffelfirma, von der das Modell im ersten Teil war. Loacker ist hier in Südtirol die größte Waffelfirma, die aber auch Kekse, Aufstriche und Kaffee verkauft. Wir sind mit 5 Mitarbeitern zu deren Produktionswerk in Heinfels (Österreich) gefahren. Dort ist neben der Produktion ein großer Shop mit Café unten drin, und eine sogenannte „Arena“ in der man sich diese Waffeln selber erstellen kann. Dieser Shop, die Arena und ein neuer Aussenbereich wird vom Studio MoDus nun neu gestaltet. Die Baustelle hat nun begonnen (Bild 1) und die Architekten haben den Klienten der Firma all ihre Pläne vorgestellt. (Bild 2) Dabei wurden vor allem technische Dinge besprochen, wie die jetzigen Fliesen verklebt wurden und wie viel Gewicht die aushalten werden, ob die Beleuchtung untergebracht werden kann, dass die Schattenfugen nicht weiß sein dürfen, wegen der Schokolade, und dass Beton auf den Zucker in der Waffelcreme reagiert und sich die Farbe verändern kann. Ebenfalls wurde über die Tische in der Mitmach-Arena gesprochen, ob man die (so wie jetzt noch) verschieben kann, oder ob es feste Elemente werden sollen. All das haben wir uns dann auch nochmal genauer angeschaut, wie was möglich ist. Die Arena seht ihr auf Bild 3. Außerdem wurde dann noch mit den Bauarbeitern gesprochen, ob alle Details im Plan klar sind (Bild 4) und es wurde sich auf eine Holzart geeinigt, die den zukünftigen Park abgrenzt und einen Kiosk darstellen soll (Bild 5).

Wir haben den ganzen Tag dort verbracht und es war erneut eine tolle Erfahrung, die Projekte selbst zu sehen und bei den Gesprächen mit Klient, Bauarbeiter und Bauingenieur dabei zu sein!

Mein Praktikum und somit auch der Blog geht hiermit jetzt zu Ende. Ich hoffe ich konnte euch einen guten Einblick verschaffen, was ich alles erleben durfte und was für Vorteile ein Praktikum im Ausland haben kann!

Wenn ihr noch Fragen habt, könnt ihr mich gerne unter amelie.el-kabarity@jag-emden.eu erreichen!