Am Donnerstag, den 7. März 2019, fand der zweite Vortrag der Emder Forschungstage im Forum des JAG Emden statt. Zu Gast war der Jurist und Diplomat Wolfgang Nowak, der zum Thema „Der Nordkorea-Konflikt“ referierte.
Der Abend wurde von Ruth Sandersfeld eröffnet. Die Zwölftklässlerin berichtete von ihrem zweiwöchigen Stipendium beim stern in Hamburg. Hierbei informierte sie sowohl über den stern und seine Ressorts an sich, als auch über die Praktikumstätigkeiten wie Voraussetzungen hierfür. Damit ermöglichte sie vor allem den zahlreich anwesenden Schülerinnen und Schülern einen Einblick in das Stipendiatenprogramm und seine Kooperation mit der Zeitschrift stern.
Es folgte der Vortrag von Wolfgang Nowak zum Thema Nordkorea. Dabei ging er sowohl auf den historischen Hintergrund des Konflikts als auch auf die wirtschaftliche Lage bzw. Entwicklung des Landes im engen Kontext der Geschichte ein. Ferner verdeutlichte er verschiedene Positionen zum Konflikt und entwarf eigene Thesen zu diesem. Nowak ist Jurist und war nach der Wiedervereinigung als Staatssekretär tätig. 2011 erhielt er inoffizielle Aufträge, bei denen er mit der nordkoreanischen Staatsspitze Gespräche führen sollte. Dabei ging es vor allem um einen Gedankenaustausch. Seither war er bereits zahlreiche Male in dem Land.
So führte er historisch aus, dass Korea Anfang des 20. Jahrhunderts von Japan annektiert wurde; 1948 folgte die Teilung Koreas entlang dem 38. Breitengrad, nachdem das Land zuvor nach dem Zweiten Weltkrieg in eine amerikanische und eine sowjetische Besatzungszone aufgeteilt worden war. Dementsprechend ist das Land kommunistisch geprägt worden. Vor allem der Koreakrieg, der 1952 begann, habe noch immer zentrale Auswirkungen auf die Bevölkerung. Noch immer ist er Teil des kollektiven Gedächtnissen und nach wie vor präsent. Kim Il-sung hatte in der Nachkriegszeit die Führungsposition inne und konnte diese zunehmend ausbauen. Sowohl in der Partei als auch im Staat wurde er nachhaltig als eine Art Ikone stilisiert. Noch immer wird er für seine Taten gottgleich verehrt. Seither etablierte sich der Personenkult um die „herrschende Familie“ Kim.
Im weiteren Verlauf des Vortrags ging Nowak auf das Atomwaffenprogramm Nordkoreas ein, welches das Land als ein Schutz vor Angriffen der USA, als eine Verteidigungsstrategie, ansehe. Dieser Gedanke werde vor allem durch den Konflikt zwischen China und den USA gestärkt, da hier insbesondere in den letzten Jahren ein zunehmendes Wettrüsten stattgefunden habe. Dabei gelang es Nordkorea zuletzt, Raketentests durchzuführen, sodass ein Gefühl der Sicherheit in der Bevölkerung propagiert werden konnte.
Hinsichtlich des atomaren Programms Nordkoreas zeigt Nowak verschiedene Positionen hierzu auf. So hat er die These, dass z. B. China das Arsenal kritisch sehe, da die Gefahr bestünde, dass Japan diesbzgl. aufrüsten könnte, während die USA so einen Vorwand habe, aufzurüsten und die Präsenz in Südkorea zu verstärken.
Der Referent ging ferner auf die Wirtschaft des Landes und aktuelle Reformen ein. So kann das Land per se nur schwer autark versorgt werden. Zwar habe das Land verschiedene seltene Rohstoffe und Mineralien, doch nur etwa 20 % der Fläche könnten landwirtschaftlich genutzt werden. Die Folge seien Hungersnöte, die insbesondere nach Dürreperioden oder Überschwemmungen entstehen. Nachhaltige Auswirkungen habe noch immer die Hungernot von 1994, die z. T. durch die bestehenden Sanktionen verstärkt werden würden. So sei insbesondere in ländlichen Regionen das Elend noch immer spürbar und Folgen der Mangelernährung sichtbar. Durch die Hungersnot folgte eine erste Fluchtwelle vor allem nach China, da hier die Grenze weniger abgesichert ist. Oftmals würden jedoch diese Flüchtlinge wieder nach Nordkorea zurückgeschickt, da China sie als Wirtschaftsflüchtlinge ansehe.
Mit dem Machtwechsel im Jahr 2011 wurde dann das Gespräch mit Nowak und anderen Experten gesucht. Ziel sei die Entwicklung des Landes und auch im weiteren Sinne die Friedenssicherung mit Südkorea und den USA. Die Verhandlungen beschreibt Nowak als schwierig, die nur sehr langsam voranschreiten. Dennoch sei nicht von der Hand zu weisen, dass seither verschiedene Reformen durchgeführt wurden und das Land sich wirtschaftlich weiter entwickelt. Kim Jong-un sehe nun mehr nicht nur das Militär als relevant für das Land an, sondern betont auch die Gleichgewichtigkeit der Wirtschaft. Dabei sei auch eine Annäherung mit Südkorea zunehmend zu spüren, was nicht zuletzt auch am südkoreanischen Präsident Moon lege. Tenor scheint zunehmend zu sein, dass man sich nicht mehr an der Vergangenheit orientiere, sondern die Zukunft in den Blick nehme.
Nowak schließt seinen Vortrag mit einem Appell. So habe es „keinen Sinn den Norden zu dämonisieren“, vielmehr müsse man „die Sanktionen lockern wegen drohender Hungersnöte“ und in Kommunikation treten und aufeinander zugehen.