Bericht über das Stipendium an der Nationalgalerie in Oslo (Juni 2016)
Von der Schule bot sich uns die Chance, an einem Kunststipendium teilzunehmen. Durch das Stipendium wurde uns ermöglicht, zwei Wochen an der Nationalgalerie in Oslo zu arbeiten, welche eine große Munch-Sammlung vorweisen kann. Edvard Munch war ein norwegischer Künstler, der von 1863 bis 1944 lebte und tausende Gemälde, Grafiken und Zeichnungen anfertigte. Munch gilt als Bahnbrecher des Expressionismus in der Malerei der Moderne und des Weiteren als Norwegens bekanntester Künstler. Er malte weltberühmte Gemälde, wie den „Schrei“. Dieses Gemälde, wie auch viele weitere bekannte Bilder des Künstlers, zum Beispiel „die Madonna“, hängen in der Dauerausstellung der Nationalgalerie. Das Stipendium erlaubte uns somit, diese berühmten Gemälde in Augenschein zu nehmen. Der Kontakt zur Nationalgalerie wurde durch Nils Ohlsen ermöglicht, welcher von 2006 bis 2010 wissenschaftlicher Leiter der Kunsthalle Emden war. Nach einer anstrengenden Anreise erreichten wir Samstagmittag unsere Wohnung nahe des Stadtkerns. Das restliche Wochenende nutzten wir, um uns einzuleben und die Stadt zu erkunden. Montagmorgen fing unser erster Arbeitstag an. Danach arbeiteten wir zwei Wochen in der Restaurationsabteilung der Nationalgalerie. Wir erhielten einen Rundgang durch die Abteilungen des Museums und die Grundlagen der Arbeit eines Restaurators wurden uns erklärt. Frau Satiness Schwindt, Gemälderestauratorin des Museums und unsere Ansprechpartnerin, erzählte uns, dass ein Restaurator immer auf ein Gebiet spezialisiert ist, da jeder Bereich viel Fachwissen erfordert und die Materialien sehr unterschiedlich sind. Es gibt zum Beispiel Papier-, Rahmen- oder Skulpturenrestauratoren. Ein Restaurator kümmert sich jedoch nicht nur um die Endstandhaltung, er macht zudem auch Bestandsaufnahmen über den Zustand der Werke. Dies ist wichtig vor einem Verleih, da Museen oft ihre Werke an andere Museen überall auf der Welt verleihen und die Werke den Transport unbeschadet überstehen müssen.
In den folgenden Tagen fuhren wir zu einem Depot des Museums, also einem Ort, wo Kunstwerke aufbewahrt werden, wenn sie zur Zeit nicht ausgestellt werden, um dort eine Bestandsaufnahme praktisch durchzuführen. Wir begutachteten ein modernes Gemälde, welches verliehen werden soll. Das Bild wies keine Mängel auf und konnte für den Transport verpackt werden. Dafür wird es in einem auf die jeweiligen Maße abgestimmten Transport-Rahmen eingespannt und mit Spannbändern vor Erschütterung geschützt. Glasscheiben werden mit Glasschutzfolie beklebt, um sie bei einem Bruch zu fixieren, damit das Gemälde nicht durch Glasscherben beschädigt wird. Zum Schluss wird das Gemälde geschützt mit Luftpolsterfolie in eine Kiste eingepackt.
Die praktische, filigrane Restaurationsarbeit beobachteten wir an einem Ölgemälde aus dem Mittelalter, welches durch die Hitze eines Feuers beschädigt wurde. Auf der Oberfläche des Gemäldes hatten sich kleine Blasen gebildet, weil die Farbe durch die Wärme anfing zu kochen. Die Farbschicht verlor den Kontakt zum Träger (Untergrund), was in sehr feiner Arbeit behoben werden muss. Um das Abblättern der Farbe zu verhindern, wird das Bild nur liegend aufbewahrt, bis es vollkommen restauriert wurde. Vorsichtig werden die kleinen Blasen mit einem Skalpell angeschnitten, um die entstandenen Hohlräume mit Leim zu füllen. Danach wird die Farbschicht behutsam an den Träger angedrückt, damit die Oberfläche geglättet wird. Die Stellen, an denen bereits Farbe abgeblättert ist, werden genau untersucht, da das Original nicht verändert werden darf und somit die Stellen nicht einfach übermalt werden dürfen. Deshalb wird die Farbe ganz vorsichtig an diese Stelle verschoben, um es sozusagen zu „flicken“.
Bei einer solchen Untersuchung des Gemäldes wird das Werk auf verschiedene Arten betrachtet. Es wird eine Gewebeanalyse durchgeführt, bei der der Träger des Bildes mit dem Mikroskop untersucht wird, um zu sehen, ob der Träger beschädigt ist. Des Weiteren wird eine Farbanalyse vorgenommen durch eine sogenannte „Farbbohrung“. Dadurch wird genau erkannt, welche Farben in wie vielen Schichten und mit welcher Dicke aufgetragen wurden. Dann wird das Werk noch mit verschiedenem Licht betrachtet, zum Beispiel UV-Licht, Infrarot oder Röntgenstrahlung. So werden die verschiedenen Schichten sichtbar und es kann die Tiefe von Rissen und anderen Schäden in der Farbe erkannt werden.
Es ist jedoch so, dass ein Restaurator viel weniger praktisch arbeitet, als das man es sich vorstellt. Die meiste Zeit wird am Computer verbracht, um die Analyse auszuwerten und viel zu recherchieren. Ein Bild zu restaurieren dauert oft Monate und erfordert viel Geduld. Die Arbeit ist sehr fein und deshalb werden nur sehr langsam Fortschritte gemacht. Außerdem dürfen keine Fehler gemacht werden, da die Werke oft einen sehr hohen Wert haben. Des Weiteren sind die Stellen als Restauratoren sehr begrenzt, weshalb es ein Beruf ist, in dem man sich gegen harte Konkurrenten „durchbeißen“ muss.
Als Fazit aus den zwei Wochen ziehen wir, dass der Beruf des Restaurators anders ist, als man es sich vorstellt, aber dennoch handelt es sich um einen spannender Beruf. Wir haben in der Zeit viel über Museumsarbeit gelernt und die Kunst aus einem neuen Blickwinkel betrachtet.
Doch auch außerhalb des Museums, in unserer Freizeit, war die Zeit in Oslo sehr spannend und interessant. Die Stadt hat sehr viel zu bieten und ist sehr vielfältig. So konnten wir als Praktikanten der Nationalgalerie, jeden Tag die vielen Museen Oslos besuchen, wie zum Beispiel das Munch-Museum oder das Museum zeitgenössischer Kunst. Wenn wir unsere Zeit nicht in Museen verbracht haben, dann waren wir zum Beispiel auf einer der Inseln im Oslo Fjord oder in einem der großen Skulpturen Parks der Stadt. Oslo hat wirklich für jeden etwas zu bieten, egal ob Kultur, Sport oder Natur. Abschließend können wir sagen, dass uns eine tolle Reise in eine spannende Stadt ermöglicht wurde und dass es eine großartige Zeit für uns war, aus der wir viel für unsere Zukunft mitnehmen und auch viel gelernt haben.