Paul Meyer und Jannes Rothe haben im Rahmen des Stipendiatenprogramms des JAG ein Praktikum am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik absolviert. Der vollständige Praktikumsbericht ist hier zu lesen.
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Unsere Themen und Aufgaben während des Praktikums
Am ersten Tag des Praktikums gab es ein Einführungsgespräch mit unserem Betreuer Herr Dr. Sturm. Es wurde sich vorgestellt und geklärt wie das Praktikum ablaufen wird. Zunächst wurden organisatorische Themen besprochen, wie die Gastausweise für das Gelände und die Information, dass der Großteil der Arbeit hier auf Englisch stattfindet. Dann haben wir die Termine für die verschiedenen Aktivitäten sowie unseren ersten Arbeitsauftrag erhalten.
Die Tage waren dicht gegliedert. Zwischen den wissenschaftlichen Vorträgen und Besichtigungen der MPE uns ESO Anlagen, gab es jeden Tag andere Arbeitsaufträge, die zur Erschließung der verschiedenen Konzepte und Projekte dienten. Die größeren Themen mit denen wir uns auseinandergesetzt haben, sind:
Die Infrarotastronomie, das VLT & ELT der ESO, die dazugehörigen Projekte MICADO,Gravity & Gravity+ , sowie die Arbeit mit astronomischen Datenbanken wie NASA ADS oder Caltech’s NED.
Die Infrarotastronomie
Schaut man nachts in den Himmel oder beobachtet ihn durch ein klassisches Teleskop, sieht man die Sterne des Nachthimmels im sichtbaren Licht. Allerdings ist das nur einen kleiner Teil der, auf der Erde ankommenden, elektromagnetischen Strahlung. Die Objekte des Kosmos werfen nicht nur die sichtbaren Teile des elektromagnetischen Spektrums zurück, sondern strahlen auch in verschiedenen nicht sichtbaren Wellenlängen selbst. Wie im Namen deutlich wird, interessiert man sich bei der Infrarotastronomie für den infraroten Teil des abgestrahlten Lichts. Es reicht von einer Wellenlänge von 780nm bis 1mm und ist selbst in nahes, mittleres und fernes Infrarot geteilt. Für Astronomen ist es aufgrund seiner deutlich längeren Wellenlänge im Vergleich zu sichtbaren Licht interessant, weil es den kosmischen Staub, der sich durch das gesamte Universum zieht, im nahem Infrarot durchdringen kann. Zudem kann es im fernen Infrarot wegen des Planckschen Strahlungsgesetzes die temperaturbedingte Strahlung des Staubes selbst sichtbar machen. Diese Fähigkeiten ermöglichten in den 1980er-Jahren, im Zusammenspiel mit diversen Satellitenmissionen, welche die, für Astronomie störende, Erdatmosphäre umgehen konnten, einen Durchbruch in der Infrarotastronomie. Es wurde plötzlich ein Blick in vorher völlig unsichtbare Bereiche des Kosmos möglich. Mann konnte den vorher nur als dunklen Nebel wahrzunehmenden interstellaren Staub durchdringen, von ihm verdeckte Objekte beobachten und sogar seine Struktur analysieren. Die Infrarotastronomie macht auch den Blick auf die uralte Geschichte des Universums erst möglich, denn das Licht, das Milliarden Jahre bis zur Erde braucht, ist so stark rot verschoben, dass es den sichtbaren Bereich des Lichts verlässt und nur noch im Infrarot wahrzunehmen ist. Mit den Jahren ist Infrarotastronomie also ein immer wichtigerer und essenzieller Teil der Astronomie als Ganzes geworden.
Das MICADO Projekt
Das Extremely Large Telescope (ELT) des European Southern Observatory (ESO) wird das größte optisch-Infrarote Teleskop der Welt. Der Bauort dieses Riesenprojektes ist auf einem Berg in der Atacama Wüste auf 3000 Höhenmetern, um die atmosphärische Störung des Lichts zu minimieren. Die Konstruktion soll bis 2028 fertiggestellt sein. Es wird einen Spiegel mit einem Durchmesser von 39 Metern aus 798 Teilsegmenten haben. MICADO ist ein von einem internationalen Konsortium aus etwa 150 Mitgliedern unter der Leitung der Infrarot-Gruppe des MPE entwickeltes Projekt für die ESO. Es steht für „Multi AO Imaging Camera for Deep Observation“. Es handelt sich dabei um eins der drei ersten Instrumente für das ELT Teleskop der ESO. Das Ziel ist es, die enorme Lichtmenge des ELT voll auszunutzen und mithilfe einer extrem hochauflösenden Infrarotkamera gestochen scharfe Infrarotbilder zu erhalten. Es wird 6 Meter hoch und 20 Tonnen schwer sein. Die räumliche Auflösung wird die sechsfache des JWST sein, bei einer vergleichbaren Lichtsensitivität. Diese hochgesteckten Ziele erzeugen natürlich auch technische Probleme, die es zu lösen galt. Bspw. muss die interne Spiegel- und Sensortechnik durch ein Kryostat extrem runter gekühlt werden, um die Messungen nicht mit eigener Hitzestrahlung zu verfälschen. Des Weiteren muss sich das gesamte Instrument extrem genau und vibrationsfrei drehen können, um über die Belichtungszeit das Bild stabil auf dem Sensor halten zu können. Wir durften die Integrationshalle dieses Projektes, wo es allmählich zusammengebaut wird, während des Praktikums besichtigen. Wir konnten Teile wie das Kryostat und den Drehkranz sehen und miterleben, welche Schwierigkeiten die Konstruktion eines solch komplexen Instruments bietet.
Astronomische Recherche und Datenbanken
Ein großer Teil der Arbeit eines Astronomen ist die Literaturrecherche. Sowohl um in seinem Feld auf dem neuesten Wissensstand zu bleiben als auch um sich über ein potenzielles Beobachtungsobjekt zu informieren. Das Lesen von Publikationen anderer Wissenschaftler nimmt einen erheblichen Teil der Zeit eines Astronomen ein. Die verschiedenen Publikationen der vielen Astronomen erscheinen in dafür ausgelegten Magazinen wie A&A oder A&G von der RAS. Um Erscheinungen dieser Magazine lesen zu dürfen, braucht man Lizenzen. Für uns wurden diese über das Netzwerk des MPE bereitgestellt. Da der Publizierungsvorgang in diesen Magazinen einige Zeit dauern kann, geschieht das tägliche „Zeitungslesen“ der Astronomen auf sogenannten pre-print-servern wie Astro-PH. Hier werden täglich alle neuen Publikationen in der Astronomie teil- formatiert, lizenzfrei bereitgestellt. Will man etwas Bestimmtes finden, gibt es aufgrund der enormen Menge an Veröffentlichungen dedizierte Suchmaschinen, die einem das Suchen und Filtern nach Parametern wie Autoren oder Erscheinungsjahr ermöglichen. Während des Praktikums haben wir hierfür die ADS Harvard Datenbank genutzt. Hat man ein spezifisches Objekt zur Beobachtung erfasst und möchte im Vorfeld Informationen sammeln, gibt es auch hierfür Datenbanken, die einem Dinge wie Koordinaten, Rotverschiebung, Größe, Art eines Objekts und vieles mehr liefern. Wir nutzten die NED Datenbank der Caltech.
Unsere Aufgabe in diesem Bereich war es, mithilfe der ADS-Datenbank Publikationen zu finden. Die sich mit binären supermassereichen schwarzen Löchern (SMBH) beschäftigen. Dort sollten wir dann einige Namen solcher Objekte mit einem Abstand von weniger als einem kpc zwischen den beiden SMBH’s finden. Solche Systeme könnten die Theorie untermauern, dass die SMBH’s in der Mitte von Galaxien mit Millionen von Sonnenmassen durch das Verschmelzen von tausenden kleineren schwarzen Löchern über lange Zeiträume entstanden sind. Als Übung sollten wir von den Objekten, die wir in den Publikationen gefunden haben, über die NED Datenbank Eigenschaften herausfinden und in einer Tabelle zusammentragen.
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Unsere Erfahrung und Feedback
Das Praktikum am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik war für uns eine durchweg positive und bereichernde Erfahrung. Uns wurden von Herrn Dr. Sturm viele verschiedene Einblicke in die Arbeit an einer astronomischen Forschungseinrichtung wie dem MPE geliefert. Wir konnten die Fertigung der hochpräzisen Teile im Maschinenbau-Abteil der Einrichtung miterleben, international bekannten Wissenschaftlern bei ihren Vorträgen zuhören, Integrationshallen der MICADO und ELT Projekte von innen sehen und durften an wichtigen Team-Meetings teilnehmen. Die Tage waren mit Terminen und Aufgaben gefüllt und es gab keinen Zeitpunkt, an dem wir das Gefühl hatten, nichts zu tun zu haben. Das Arbeitsklima war familiär und sehr angenehm. Da die Projekte am MPE in internationaler Zusammenarbeit von Personen unterschiedlichster Herkunft entstehen, wurde die meiste Zeit Englisch gesprochen, was nach einer kurzen Anpassungszeit jedoch absolut kein Problem war. Des Weiteren fanden wir es sehr angenehm, dass uns zwischen den Terminen Autonomie in der Bearbeitung der Aufgaben gelassen wurde. Wir bekamen einige Hintergrundinformationen und Anlaufstellen für weiterführende Informationen im Netz und durften dann die von Herrn Dr. Sturm gestellte Aufgabe in unserem Gästebüro bearbeiten. Danach bekamen wir dann eine Rückmeldung. Zudem war die Verpflegung auf dem MPE-Gelände gut. Es gab eine Kaffeemaschine neben unserem Büro und dass Mittagessen in der Kantine hatte viele Optionen und war sehr lecker. Wir hatten außerdem genug Freizeit um Garching und München zu erkunden. Insgesamt sind wir sehr dankbar für diese Erfahrung und würden es jedem, der an Astronomie oder wissenschaftlicher Arbeit im allgemeinen Interesse hat, stark weiterempfehlen.