Mit vielen Beispielen sorgte Peter Schaar für ein mulmiges Gefühl bei den Zuhörern in Emden.
Emden - Mit einem mulmigen Gefühl hat Kathrin Römer am Dienstagabend die Johannes-a-Lasco-Bibliothek in Emden verlassen. „Ich wusste nicht, wie viel wir von uns preisgeben“, sagte die 18-Jährige. Sie war eine von rund 250 Besuchern, die sich den Vortrag „Big Data – die vollständige Überwachung des Menschen“ des ehemaligen Bundesbeauftragten für Datenschutz, Peter Schaar, anhörte. Das Johannes-Althusius-Gymnasium (JAG) hatte Schaar als Redner zu den 1. Emder Forschungstagen eingeladen.
„Ich habe mir neulich zwei Anzüge gekauft und zu Hause entdeckt, dass dort Etiketten eingenäht sind, die auf Anforderung Daten funken können“, berichtete der Experte. Wer zu diesem Zeitpunkt noch dachte, der Mann hinter dem Rednerpult übertreibt ein wenig, wurde bald durch eine Masse von weiteren Beispielen eines Besseren belehrt.
„Sie kennen alle Regensensoren im Auto – damit lässt sich nachvollziehen, wo und wie schnell Sie gerade fahren.“ Eigentlich bräuchte man keinen Blitzermarathon, mit diesen Sensoren könne man Autos dauerhaft überwachen, so Schaar. Das hatte gesessen – die Geräuschkulisse im Publikum wurde lauter. Und Schaar setzte noch einen drauf. Viele Amerikanische Firmen schenkten ihren Mitarbeitern Fitnessarmbänder, die mit GPS ausgestattet sind, erzählte er. „Was ist, wenn ein Mitarbeiter krankgeschrieben ist – aber das Gerät am Tag 16 000 Schritte aufzeichnet?“, fragte der Experte provokativ.
Auch Facebook war Thema in Schaars Vortrag. Ein Nutzer-Profil bilde immer einen Schattenriss des Menschen dahinter ab, so Schaar. „Zwar keinen ganz genauen. Aber wenn Facebook Sie einschätzen kann, dann kann es Sie auch manipulieren.“
Am Ende seines Vortrags kam das nüchterne Ergebnis: Rückgängig machen könne man diesen Fortschritt nicht, und auch der Datenschutz helfe nicht überall. „Niemand ist vor Überwachung sicher, aber wir können die Konsequenzen mitbestimmen“, sagte Schaar.
Viel Beifall gab es von den Gästen. Ein Kloß im Hals blieb sicherlich bei einigen – aber draußen vor der Tür der Johannes-a-Lasco-Bibliothek wurde das Smartphone dann wieder aus der Tasche geholt.